Flensburg vor finanzieller Zäsur – Haushaltslage spitzt sich weiter zu
| von Thomsen / Foerde.news
Flensburg – Schon Anfang Juni, während der Ratsversammlung zur geplanten Neuerrichtung des Freibads Weiche, schlug Stadtkämmerer Henning Brüggemann ungewöhnlich deutliche Töne an. Angesichts der angespannten Haushaltslage sprach er offen von der Möglichkeit einer Haushaltssperre – ein Begriff, der in der Flensburger Kommunalpolitik lange nicht mehr gefallen war. Brüggemann erklärte damals, dass er den geplanten Schwimmbadneubau unter den gegebenen finanziellen Bedingungen nicht befürworten könne.
Bereits zu diesem Zeitpunkt deutete sich an, dass der städtische Haushalt unter starkem Druck steht – insbesondere aufgrund massiv gestiegener Ausgaben in den Bereichen Jugend und Soziales. Wenige Wochen später, Ende Juni, wiederholte Brüggemann seine Warnung im Finanzausschuss: Sollte die Entwicklung anhalten, müsse man konkret prüfen, geplante Investitionen zurückzustellen oder freiwillige Leistungen wie Zuschüsse zu streichen – zumindest dort, wo noch keine Verträge abgeschlossen wurden.
Noch keine Haushaltssperre – aber die Uhr tickt
Eine Entscheidung über die Haushaltssperre, so Brüggemann damals, müsse innerhalb von vier Wochen fallen. Diese Frist ist mittlerweile verstrichen. Zwar habe sich die Lage bislang nicht weiter verschlechtert, wie der Kämmerer nun mitteilt – allerdings sei auch keine spürbare Entlastung in Sicht. Zumindest bis zum Ende der Sommerferien wolle man auf formale Schritte verzichten. Danach müsse die Haushaltslage erneut bewertet werden.
SPD fordert klare Linie – Kritik an Verwaltungsspitze
In der Politik wächst der Druck. Nach der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses zeigt sich die SPD-Ratsfraktion zunehmend unzufrieden mit dem Kurs der Verwaltung. Justus Klebe, Vorsitzender der SPD Flensburg, äußerte sich in einer Mitteilung besorgt über das fehlende Engagement bei der Ausarbeitung konkreter Sparmaßnahmen. Noch deutlicher wurde Thede Boysen, SPD-Fraktionsmitglied und Vorsitzender des Finanzausschusses: „Während sich bei den Fraktionen längst die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass der Stadt eine große Sparanstrengung bevorsteht, kommen von der Verwaltung bislang lediglich Einsparvorschläge im Umfang von neun Millionen Euro.“
Das ist aus Sicht der SPD bei weitem nicht ausreichend. Nach derzeitiger Prognose könnte Flensburg im kommenden Jahr ein Defizit von rund 40 Millionen Euro drohen – weit entfernt vom haushaltspolitischen Zielkorridor. Die Ratsversammlung hatte sich in einem Grundsatzbeschluss auf eine maximal zulässige Neuverschuldung von zehn Millionen Euro verständigt.
Drohender Eingriff durch die Kommunalaufsicht
Boysen warnt vor ernsthaften Konsequenzen, sollte die Stadt nicht zügig handeln: „Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, steht ab 2026 zu befürchten, dass wieder die Kommunalaufsicht des Landes über unsere Kreditaufnahme entscheidet.“ Dies könnte nicht nur finanzielle Spielräume einschränken, sondern auch zentrale Investitionen in Bildung, Infrastruktur und soziale Einrichtungen gefährden. „Dann müssen wir möglicherweise diskutieren, welche Schule nicht saniert wird, weil die notwendigen Sparmaßnahmen zu spät eingeleitet wurden.“
Forderung nach ehrlicher Konsolidierung
Die SPD fordert nun einen klaren Kurswechsel. Spätestens nach der Sommerpause müsse der Oberbürgermeister einen belastbaren, ehrlichen und vor allem umsetzbaren Maßnahmenkatalog vorlegen, um dem drohenden Finanzkollaps entgegenzuwirken.
Der Sommer verschafft der Stadt nur eine kurze Atempause. Ob Flensburg die politische Kraft findet, jetzt Kurs zu halten und Prioritäten neu zu ordnen, wird sich bald zeigen. Eines aber scheint sicher: Der Verzicht auf den Freibadneubau könnte erst der Anfang weitreichender Einschnitte sein.
